Nachruf für Gemeinderätin Irene Ritz-Anderegg
Nach kurzer schwerer Krankheit ist Gemeinderätin Irene Ritz, Ressortvorsteherin Liegenschaften, in ihrem 64. Altersjahr verstorben. Bestürzt müssen wir akzeptieren, dass sie mitten in einem fruchtbaren Wirken viel zu früh aus dem Leben gerissen wurde.
Irene Ritz hat beeindruckt und hinterlässt Spuren. Sie begegnete uns stets mit ihrer herzlichen und schlichten Art. Hinter ihrem unaufdringlichen Auftreten verbargen sich enorme Sachkenntnisse, ein feines Gespür für ausgewogene und differenzierte Betrachtungsweisen sowie ein zäher Wille für die Zielverfolgung. Sie war eine konsequent lösungsorientierte Gemeinderätin: undogmatisch, sachorientiert, und immer mit einem unermüdlichen Engagement für eine sozial durchmischte Gemeinde und einen gesellschaftlichen Zusammenhalt. «Nicht das Einzelinteresse, sondern der gemeinsame Nenner bringt uns weiter» war ihr Motto. Dieses setzte sie beharrlich um.
Ihr 22-jähriges Wirken im Gemeinderat, davon 20 Jahre im Ressort Liegenschaften, war geprägt von einer stetigen Förderung des bezahlbaren Wohnungsbaus. In unterschiedlichen Rollen, auch als Verwaltungsratspräsidentin der Gewomag AG, und während unterschiedlicher Planungsphasen verfolgte sie in zahlreichen Projekten die kommunalen Anliegen für kostengünstige Wohn- und Gewerbeflächen im anspruchsvollen Immobiliensektor der Goldküste. Dank ihrer fachkundigen und zugkräftigen Unterstützung konnten die Wohnsiedlung Dollikerstrasse erstellt und die Gewomag-Siedlung an der Ländischstrasse erweitert werden. Sie begleitete die Planungsarbeiten für die Überbauung auf dem Grundstück Stelzen und führte die Verhandlungen für den Abschluss des Baurechtsvertrags, der auf dem Gebiet Weid 120 neue Wohnungen mit gemeinnützigem Charakter ermöglicht. Seit der Schaffung der Einheitsgemeinde umfasste ihr Ressort auch die Liegenschaften der Schule. Nebst deren Bewirtschaftung mussten in diesem äusserst dynamischen Bereich immer wieder neue grössere Vorhaben angepackt werden, so die Schulraum-Pavillons auf der Allmend und in Obermeilen sowie das umfangreiche Projekt für die Erweiterung und den Umbau der Schulanlage Feldmeilen.
Diese Aufzählung umfasst nur die namhaftesten der von ihr geführten oder begleiteten Projekte. In allen Vorhaben hatte sich Irene Ritz mit mannigfaltigen Interessen und komplexen planungs- und baurechtlichen Vorgaben auseinanderzusetzen. Den Initiativgruppen und Einspracheführenden, die den geplanten Vorhaben Einwände und Befürchtungen entgegensetzten, begegnete sie immer unvoreingenommen und setzte alles daran, für berechtigte Anliegen Lösungen, mitunter auch unkonventionelle, zu finden. Auch als Mitglied der Baubehörde, die alle baurechtlichen Verfahren der Gemeinde zu prüfen und damit viele Spezialfragen durchzudiskutieren hat, brachte sie mit einer lückenlosen Dossiersicherheit und einer pragmatischen Denkweise immer wieder ihren äusserst wertvollen Blick auf das Ganze ein.
Irene Ritz beherrschte es, in schwierigen Konfliktsituationen und bei komplexen Problemstellungen hartes Holz zu bohren. Aber dann und wann war es ihr auch vergönnt, Sachgeschäfte ihres Herzens durch die behördlichen Entscheidungsprozesse zu führen. «Das ist jetzt ein Geschäft, das richtig Freude macht!», mit diesen Worten eröffnete sie an jener unvergesslichen Gemeindeversammlung im März 2012 ihre Präsentation zum Traktandum der Kreditbewilligung für einen «voll krassen» Skatepark auf der Schulanlage Allmend. Damit folgte sie einer Petition mit 777 Unterschriften von Schülerinnen und Schülern sowie vielen Eltern. Mit kecker, schräg aufgesetzter Baseballmütze legte sie Fakten und Antrag für eine attraktive Skatepark-Anlage vor und bereitete so den Weg zu einem zustimmenden Gemeindeversammlungsbeschluss, der von einer anwesenden Schülerschar auf der Gästetribüne mit lautem Jubel quittiert wurde.
Ihre kontaktfreudige und gesellige Natur durften viele Meilemerinnen und Meilemer an zahlreichen Anlässen der Gemeinde erfahren. Sie mischte sich nicht nur für anregende Gespräche und heitere Plaudereien unter das Volk, sondern verstärkte als ehemalige Leichtathletin an den traditionellen Meilemer Grümpis auch hin und wieder die Mannschaft des Gemeinderats und der Gemeindeverwaltung. An manch jungem Fussballspieler bzw. -spielerin vermochte sie flink vorbeizuflitzen. In zahlreichen Organisationskomitees für Sportevents legte sie selber Hand an. Doch hauptsächlich setzte sie in der Meilemer Sportwelt ihre Marken als für den Sport zuständige Ressortvorsteherin und als Präsidentin der Sportkommission. Sie sorgte für die Renovation des Hallenbads und für die Verbesserung der Infrastruktur auf der Sportanlage Allmend, namentlich für den Fussball- und Tennisplatz. Nicht mehr selber erleben wird sie eines ihrer Herzensprojekte, nämlich die von ihr eingeleitete Neugestaltung des Strandbads Dorf, das bald mit der Attraktion eines Sandstrands aufwarten soll.
Irene Ritz war nicht nur eine tatkräftige Schafferin und ideenreiche Planerin. Im Gemeinderat wirkte sie mit einer starken integrativen Seite, schnell denkend, alles kurz und prägnant fassend, und immer in Gesamtzusammenhängen denkend. Die Geschäfte ordnete sie in deren Vernetztheit ein und mahnte pragmatische Schritte an. Besonders in der akuten Corona-Phase, als in der Führungsarbeit beinahe täglich Überraschungen auftauchten und Neuland zu betreten war, erwies sich dies als unschätzbare Qualität. Die Art, wie sie nie sich selbst, sondern immer die Sache in den Vordergrund stellte, konnte geradezu selbstlos sein. Im Personalausschuss des Gemeinderats, dem sie manche Jahre angehörte, drückten ihre Voten immer eine einfühlsame, menschliche Optik aus. Als erste Vizepräsidentin des Gemeinderats war sie mir persönlich immer eine wertvolle und sehr geschätzte Ratgeberin.
Es wäre mir ein grosses Anliegen gewesen, Irene Ritz für ihren immensen, kompetenten Einsatz und für ihre starke Freundschaft zu danken – das ist nun nicht mehr möglich. Aber viele von uns, sei es in den verschiedenen Gemeindebehörden und -gremien, in der Gemeindeverwaltung, in allen Meilemer Parteien sowie in vielen Vereinen, und in der Meilemer Bevölkerung insgesamt, werden sich immer wieder mit vielen guten Gedanken an sie als eine klarsichtige und weitblickende Gemeinderätin, eine besonnene Führungskraft und einen eindrücklichen, herzlichen Menschen erinnern.
Christoph Hiller, Gemeindepräsident